Jetzt ist es offiziell: Elon Musk hat den rund 44 Milliarden Dollar (44,2 Mrd Euro) teuren Kauf des Kurznachrichtendienstes Twitter abgeschlossen. Twitter informierte die US-Wertpapieraufsicht SEC gestern über den Rückzug von der Börse und bestätigte damit den Vollzug der Übernahme.
Damit endet ein monatelanges Hin und Her, das zwischenzeitlich auf einen brisanten Gerichtsprozess zusteuerte. Musk nimmt das Online-Netzwerk nun in Privatbesitz – die New York Stock Exchange hat die Aktien bereits aus dem Handel genommen. Zudem will der Tech-Milliardär ein neues Management aufstellen.
Musk will Spitzenposten selbst übernehmen
Laut übereinstimmenden US-Medienberichten feuerte Musk bereits am Donnerstag ranghohe Führungskräfte, darunter der bisherige Firmenchef Parag Agrawal und Finanzchef Ned Segal. Angeblich wolle Musk den Spitzenposten zunächst selbst übernehmen. Erst mit der Zeit könnte er den Job an jemand anderen abgeben, hieß es. Musk twitterte in der Nacht in Anspielung auf das Firmenlogo «Der Vogel ist befreit». Er führt bereits den Elektroautobauer Tesla und die Raketenfirma SpaceX.
Dem Starunternehmer geht es beim Twitter-Kauf nach eigenen Angaben um die Stärkung der Redefreiheit. Kritiker befürchten aber eine Verrohung des Tons auf der Internetplattform und sind besorgt, dass der Eigentümerwechsel zu ungezügelteren Hassbotschaften, Hetze und Desinformationen führt. Die Bundesregierung erklärte gestern, die Entwicklung bei Twitter nach Musks Übernahme «sehr genau» beobachten zu wollen. EU-Industriekommissar Thierry Breton warnte Musk per Tweet, den Kurznachrichtendienst zu einer unregulierten Plattform zu machen: «In Europa wird der Vogel nach unseren EU-Regeln fliegen».
Eine zu lasche Moderierung von Inhalten könnte auch Werbepartner abschrecken und so Twitters wichtigste Einnahmequelle gefährden. Musk wandte sich vor dem Hintergrund bereits am Donnerstag in einem offenen Brief an die Anzeigenkunden des Unternehmens. Twitter dürfe kein «Ort des Grauens» werden, wo ohne Konsequenzen alles gesagt werden könne, erklärte er darin. Die Plattform müsse «warm und einladend für alle» sein. Er habe Twitter nicht gekauft, weil es einfach sein würde oder um mehr Geld zu machen, schrieb Musk weiter. «Ich tat es, um der Menschheit zu helfen, die ich liebe.»
Monatelang wollte er die teure Übernahme abblasen
Musk hatte sich eigentlich schon im April mit Twitter auf die Übernahme geeinigt. Im Juli erklärte er die Vereinbarung jedoch wegen angeblicher Falschangaben zu Fake-Accounts für ungültig. Twitter klagte daraufhin auf Einhaltung des Kaufvertrags. Anfang Oktober erneuerte der Chef des US-Elektroautobauers Tesla sein Kaufangebot dann überraschend wieder, was zur Aussetzung des Gerichtsverfahrens führte. Die zuständige Richterin hatte den Streitparteien jedoch eine Frist gesetzt, den Deal bis zum heutigen 28. Oktober abzuschließen.
Musk hatte über Monate versucht, die teure Übernahme abzublasen. Nachdem immer klarer wurde, dass seine Chancen beim Gerichtsprozess eher schlecht stehen, gab er seinen Widerstand jedoch auf. Dadurch kommt das kriselnde Unternehmen jetzt ausgerechnet in den Besitz eines Mannes, der die Unternehmensführung die letzten Monate dauernd öffentlich kritisiert und Zweifel am Wert der Firma verbreitet hat. Dass Musk sich mit seiner neuen Rolle als Twitter-Besitzer abgefunden hat, zeichnete sich schon in den vergangenen Tagen klar ab.
Kehrt Donald Trump auf Twitter zurück?
Dass der laut Milliardärs-Rankings wie der «Forbes»-Liste reichste Mensch der Welt jetzt die Fäden bei dem Online-Netzwerk ziehen wird, ist auch politisch brisant. So hat sich Musk bereits dafür ausgesprochen, den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump wieder auf der Plattform aufzunehmen. Trumps Verbannung von Twitter im Zuge von dessen Sympathiebekundungen für Anhänger, die am 6. Januar 2021 das Kapitol in Washington gestürmt hatten, bezeichnete Musk im Mai als «moralisch falsch und einfach nur dumm». Eine Rückkehr zu dem einflussreichen Netzwerk würde für Trump für eine mögliche Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl 2024 gerade rechtzeitig kommen.
Eine Reaktion Trumps auf den Abschluss von Musks Übernahme ließ nicht lange auf sich warten. «Ich bin sehr froh, dass Twitter jetzt in vernünftigen Händen ist und nicht mehr von linksradikalen Spinnern und Verrückten geführt wird, die unser Land wirklich hassen», schrieb er gestern auf der von ihm mitgegründeten Social-Media-Plattfrom «Truth Social». Twitter müsse nun hart daran arbeiten, sich von all den Bots und gefälschten Konten zu befreien, die dem Online-Dienst geschadet hätten. «Es wird viel kleiner sein, aber besser», erklärte der frühere US-Präsident weiter.
Zuletzt erntete Musk darüber hinaus Kritik für zwei außenpolitische Vorstöße. So schlug er vor, aus Taiwan eine «Sonderverwaltungszone» unter chinesischer Herrschaft zu machen. Die Regierung in Taipeh wies das als «inakzeptabel» zurück. Auch plädierte Musk dafür, die Ukraine solle die von Russland widerrechtlich annektierte Krim verloren geben und einem Referendum unter UN-Aufsicht in ihren von russischen Truppen besetzten Gebieten zustimmen.
Wieder rote Zahlen?
Geschäftlich tut sich Twitter derweil schon lange schwer. Angesichts von Inflations- und Konjunkturrisiken halten sich Anzeigenkunden am Online-Werbemarkt zurück, der für die Internetplattform die mit Abstand wichtigste Einnahmequelle darstellt. Zahlen für das abgelaufene dritte Quartal hat Twitter noch nicht vorgelegt. Doch im vorherigen Vierteljahr ging der Umsatz leicht zurück und es fiel ein Verlust von 270 Millionen Dollar an. Immerhin: Die Zahl der täglich aktiven Nutzer stieg von 229 Millionen auf 237,8 Millionen.
Weitere Nachrichten
Cyberangriff auf Fernwartungssoftware-Anbieter Teamviewer
Verbraucher auf dem Land können auf besseres Internet hoffen
Verbraucher auf dem Land können auf besseres Internet hoffen