Ein Stromverbrauch von 16 Milliarden Kilowattstunden im Jahr ist so groß, dass sich kaum jemand darunter etwas vorstellen kann.
Diese gewaltige Summe kommt zusammen, wenn man den Energieverbrauch aller Rechenzentren in Deutschland addiert. Zum Vergleich: Ein durchschnittlicher Zwei-Personen-Haushalt in Deutschland kommt im Jahr gerade mal auf 3000 Kilowattstunden.
Im großen Maßstab fällt der Energiebedarf der Betreiber der deutschen Rechenzentren allerdings nicht besonders hoch aus. Der Stromverbrauch aller Anlagen zusammengenommen macht nämlich gerade einmal 0,6 Prozent des gesamten Energieverbrauchs in Deutschland im Jahr 2020 aus. Das hat das renommierte Berliner Borderstep Institut im Auftrag des Digitalverbandes Bitkom errechnet.
Strombedarf nur aus Deutschland ermittelt
Der Strombedarf für das Cloudcomputing insgesamt fällt allerdings höher aus. In der Studie sind nämlich nur Anlagen aus Deutschland berücksichtigt worden. Server in den USA, Irland und anderen Standorten, die beispielsweise bei sozialen Netzwerken wie Facebook eine große Rolle spielen, blieben bei den Berechnungen außen vor.
Aber auch ohne einen Blick über die Landesgrenzen hinweg fallen die Zahlen beeindruckend aus: Gemessen an der maximalen Stromaufnahme der installierten Hardware wuchs die Kapazität von 2010 bis 2020 um 84 Prozent. Der tatsächliche Stromverbrauch legte ebenfalls zu, aber nicht im gleichen Tempo, weil die Energieeffizienz der Anlagen besser geworden ist. Aus der am Dienstag vorgestellten Studie geht aber auch hervor, dass der Stromhunger der Rechenzentren noch nicht gestillt ist, weil der Bedarf bis 2030 weiter steigen wird. Und damit kommt die Politik ins Spiel.
Die Ampel-Parteien haben in ihrem Koalitionsvertrag den Rechenzentren einen eigenen Absatz gewidmet: «Wir werden Rechenzentren in Deutschland auf ökologische Nachhaltigkeit und Klimaschutz ausrichten, u.a. durch Nutzung der Abwärme. Neue Rechenzentren sind ab 2027 klimaneutral zu betreiben», heißt es auf Seite 18.
Hohe Eigenmotivation
Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder kann sich prinzipiell der Forderung der Berliner Regierungskoalition anschließen, sieht aber die Betreiber längst auf dem richtigen Weg: «Die Unternehmen sind hellwach, und das nicht erst seit dem Regierungswechsel», sagte der Branchenvertreter am Dienstag.
Die Firmen hätten eine hohe Eigenmotivation, in Zukunft energieeffizienter zu arbeiten, betonte Rohleder. «Das liegt einfach daran, dass die Energiekosten eine so enorme Bedeutung haben.» Rund die Hälfte der Kosten seien Ausgaben für die Energie. Das ausgerufene Ziel der Klimaneutralität könne nur gelingen, wenn ausreichend Strom aus regenerativen Quellen verfügbar sei.
Auch bei der Forderung der Koalition nach einer Nutzung der Abwärme sieht der Bitkom noch Handlungsbedarf der Politik. Eine Umfrage des Borderstep Instituts bei den Betreibern der Rechenzentren ergab, dass die meisten verstärkt Abwärme nutzen wollen. Allerdings finden 56 Prozent der befragten Betreiber keine Abnehmer, denn ihre Abwärme ist den Versorgern nicht heiß genug. «Vorhandene (ältere) Fernwärmenetze sind oft ungeeignet, Wärme auf niedrigem Temperaturniveau aus Rechenzentren aufzunehmen», heißt es in der Studie. Eine Förderung müsse eine Modernisierung der Wärmenetze beinhalten und dabei Erzeuger und Nutzer der Abwärme zusammenbringen.
Kopfschmerzen über hohe Strompreise
Am meisten Kopfschmerzen bereiten den Betreibern der rund 3000 Rechenzentren aber die hohen Strompreise und die aus ihrer Sicht unnötig komplizierten Genehmigungsprozesse in Deutschland. Es gebe klar einen Bedarf für klimafreundliche Rechenzentren mit einem hohen Datenschutzniveau. «Die Frage, die wir uns stellen ist: Entsteht dieser Markt in Deutschland oder entsteht er außerhalb Deutschlands?», sagte Bitkom-Vertreter Rohleder. Ein starker Ausbau in Deutschland gelinge nur dann, wenn die Genehmigungsprozesse deutlich beschleunigt und auch digitalisiert würden.
Bei der Infrastruktur kommt es den Betreibern der Studie zufolge vor allem auf zuverlässige Stromversorgung und eine gute Anbindung an Internetknoten an. Stabile Stromversorgung gibt es quasi überall. Deshalb kann sich hier kein Standort von einem anderen in Deutschland absetzen. Bei der Anbindung an das Netz der Netze gibt es aber deutliche Unterschiede.
Frankfurt baut Position aus
Davon profitiert vor allem die Region Frankfurt/Rhein-Main, die der Studie zufolge ihre Top-Position in Deutschland und Europa ausbauen wird: Die Kapazitäten dort sollen sich demnach bis 2025 voraussichtlich verdoppeln. «Die Region Frankfurt/Rhein-Main gehört neben London zu den Top-Rechenzentrumsstandorten in Europa. Durch den DE-CIX, einen der größten Internetknoten der Welt, aufgrund der zentralen Lage in Deutschland und Europa und auch wegen des Brexits wächst der Standort weiter.»
Position zwei in Deutschland nimmt inzwischen Berlin ein, wo unter anderem Google nach einem Standort oder einem Partner für ein Rechenzentrum sucht. Danach folgen München, Hamburg, Köln-Düsseldorf und Leipzig-Dresden mit einem steigenden Bedarf. Nur in Stuttgart und Nürnberg stagniert die Nachfrage.
Mit dem Ausbau der Kapazitäten steigt auch die Bedeutung der Anlagen für den Arbeitsmarkt. «Die deutschen Rechenzentren sind wichtige Arbeitgeber. Aktuell beschäftigen sie rund 130.000 Arbeitskräfte in Vollzeit, weitere 80.000 Arbeitsplätze sind direkt von ihnen abhängig», sagte Rohleder. Auch im Umfeld von Rechenzentren würden Arbeitsplätze durch die Ansiedlung anderer Unternehmen entstehen. In der Studie geben 60 Prozent der befragten Rechenzentrumsbetreiber an, in den nächsten zwei Jahren Investitionen zur Erweiterung ihrer Standorte tätigen zu wollen.
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