Die Bundesnetzagentur hat Regeln festgelegt, auf deren Basis Verbraucherinnen und Verbraucher bei schlechtem Festnetz-Internet ihre Monatszahlungen kürzen dürfen.
In einer Verfügung für das neue Minderungsrecht heißt es, dass die Verbraucher insgesamt 30 Tests an drei unterschiedlichen Kalendertagen durchführen müssen, wie die Regulierungsbehörde am Mittwoch in Bonn bekanntgab. Die Verbraucher müssen dabei die Desktop-App «breitbandmessung.de» nutzen und ein LAN-Kabel verwenden. Das neue Minderungsrecht stärkt die Position des Verbrauchers gegenüber dem Anbieter erheblich. Ab dem 13. Dezember kann die Desktop-App mit den neuen Vorgaben genutzt werden.
Internettarife enthalten ein Produktinformationsblatt, in dem der Anbieter die maximale und die minimale Übertragungsgeschwindigkeit sowie die normalerweise zur Verfügung stehende Datenrate angibt. Aus Sicht von Verbraucherschützern versprechen die Firmen in ihrer Werbung mitunter zu viel. Das Minderungsrecht könnte dazu führen, dass Internetprovider realistischere Angaben machen oder mehr Einsatz zeigen, um Internetanschlüsse zu verbessern, so die Hoffnung der Verbraucherschützer.
Ein Entwurf der Verfügung vom September hatte andere Vorgaben enthalten – dem Papier zufolge hätten die Verbraucher nur insgesamt 20 Mal an zwei Tagen testen müssen, um den Anspruch auf Preisminderung gegebenenfalls schwarz auf weiß bescheinigt zu bekommen. Die nun festgelegten Vorgaben sehen nun hingegen 30 Tests an drei Tagen vor. Zwischen den Tagen muss mindestens ein Tag Abstand sein. Fängt ein Verbraucher also am kommenden Montag an zu testen, hätte er frühestens am Freitag danach sein Messprotokoll in der Hand.
Anspruch bei zu niedrigem Speed
Die Verordnung enthält weitere Vorgaben. So liegt ein Anspruch auf Preisminderung oder auf Sonderkündigung vor, wenn der Mindestspeed an zwei der drei Messtagen einmal oder mehrfach unterschritten wird. Beim Maximalspeed ist dies der Fall, wenn an zwei von drei Messtagen 90 Prozent des vertraglich zugesicherten Höchstwerts keinmal erreicht wurden. Die normalerweise zur Verfügung stehende Übertragungsrate muss in 90 Prozent aller Messungen erreicht werden.
Bescheinigt das Messprotokoll dem Verbraucher eine Diskrepanz zwischen tatsächlicher und versprochener Leistung, kann er sich bei seinem Provider melden – der muss reagieren. Ist der Anbieter uneinsichtig und will er keine Minderzahlung akzeptieren, könnte der Verbraucher vor das Amtsgericht ziehen – dort hätte er mit dem Messprotokoll sehr gute Karten. Zwar konnte er schon vor Gültigkeit des neuen Minderungsrechts vor Gericht ziehen, dort war seine Position aber deutlich schwächer als jetzt.
vzbv: Großer Schritt
Die Verbraucherschützer Bundeszentrale (vzbv) bewertet das Minderungsrecht generell als großen Schritt hin zur Stärkung des Verbrauchers. Digitalexpertin Susanne Blohm wies am Mittwoch darauf hin, dass die Anforderungen an die Messungen im Vergleich zum September-Entwurf gestiegen seien und einen höheren Zeitaufwand erforderten. «Hier musste das Interesse an einer rechtssicheren Ausgestaltung und angemessenen und praktikablen Handhabung des Messtools in Einklang gebracht werden.»
Der vzbv will nun im Blick haben, wie die neuen Rechte umgesetzt werden und die Provider damit umgehen. «Aus Verbrauchersicht ist es wichtig, dass das Minderungs- und Sonderkündigungsrecht leicht von Verbraucherinnen und Verbrauchern geltend gemacht werden kann und nicht zum Beispiel durch windige Tarifoptionen zum zahnlosen Tiger wird», sagte Verbraucherschützerin Blohm.
Der Branchenverband VATM sieht das Minderungsrecht kritisch. Verbandsgeschäftsführer Jürgen Grützner wies darauf hin, dass die im Netz üblichen Schwankungen nicht automatisch eine schlechtere Nutzungsmöglichkeit für den Verbraucher bedeuten, etwa wenn der nur Mails downloade oder Videos auch bei geringerer Bandbreite ruckelfrei funktionieren.
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