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Kooperation zwischen Spahn-Ministerium und Google untersagt

Das Gesundheitsministerium darf nicht mit Google kooperieren - zumindest vorerst. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marcio Jose Sanchez/AP/dpa)
Ein nationales Gesundheitsportal des Bundes ploppt bei einer Google-Suche nach Krankheiten prominent in einer Infobox auf. Richter sagen jetzt zu der Kooperation: Kartellverstoß.

Das Landgericht München hat eine Kooperation zwischen dem Bund und dem Internetkonzern Google zu einem Gesundheitsportal vorläufig untersagt.

Die Richter gaben am Mittwoch zwei Anträgen auf einstweilige Verfügungen gegen die Bundesrepublik, vertreten durch das Bundesgesundheitsministerium, und den US-Konzern im Wesentlichen statt, wie das Gericht mitteilte. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Bund und Google wollen die Entscheidung zunächst prüfen.

Bei der Kooperation geht es um dies: Bei Google-Suchanfragen etwa zu Krankheiten oder Beschwerden wie Migräne wird bei den Ergebnissen prominent eine Infobox des Portals gesund.bund.de angezeigt, das vom Bundesgesundheitsministerium verantwortet wird.

Die Zusammenarbeit hatte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im November vorgestellt. Die Informationen stammen zum Beispiel vom Deutschen Krebsforschungszentrum, dem Robert Koch-Institut oder medizinischen Fachgesellschaften. Der Medienkonzern Hubert Burda Media hatte über eine Tochterfirma, das Gesundheitsportal netdoktor.de, gegen das Portal vor dem Landgericht München geklagt.

Verlage wie Burda sehen durch das Portal ihre Position geschwächt und befürchten Nachteile, weil sie auch Gesundheitsportale im Portfolio haben. Google erhält nach eigenen Angaben kein Geld vom Bund für den Infoboxen-Service. Es gebe auch keine vertragliche Vereinbarung.

Im November hatte Spahn gesagt, auch die Corona-Pandemie zeige, wie wichtig seriöse Gesundheitsinformationen seien. Er erwarte sich einen Bekanntheitsschub für das Gesundheitsportal: «Wenn wir ein Interesse daran haben, objektive, fundierte, evidenzbasierte Informationen rüberzubringen, dann bringt es mir nichts, wenn wir bei Google an Stelle 783.000 auftauchen.»

Das Gericht wertete die Zusammenarbeit in seinem Urteil hingegen als Kartellverstoß. Die Vereinbarung bewirke eine Beschränkung des Wettbewerbs auf dem Markt für Gesundheitsportale.

Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums teilte auf dpa-Anfrage mit: «Das Bundesministerium für Gesundheit nimmt das Urteil zur Kenntnis.» Nach Auswertung der Entscheidung werde man über die weiteren Schritte entscheiden.

Zugleich verwies der Sprecher darauf, dass das Angebot des Nationalen Gesundheitsportals an sich nicht von dem Urteil betroffen sei. Das Landgericht betonte, dass die Kammer nicht über die Frage der Zulässigkeit des Portals als solches zu entscheiden hatte. Ein hierauf zielender Antrag sei von netdoktor.de zurückgenommen worden. Ein weiterer Antrag, der laut Gericht auf ein einseitiges marktmissbräuchliches Verhalten von Google gestützt gewesen sei, sei aus formellen Gründen zurückgewiesen worden.

Google betonte in einem Blogeintrag zu dem Fall, dass die Anzeige von Informationen des Ministeriums die Angebote der Website-Inhaber nicht behindere. «Sie werden zusammen mit einer Vielzahl anderer Websites weiterhin in den Suchergebnissen angezeigt.» Die Anzeige der Infoboxen für Krankheitsbilder sei unabhängig von der Platzierung der Weblinks in der Suchergebnisliste.

Google-Sprecher Kay Oberbeck sagte auf Anfrage zur Gerichtsentscheidung: «Menschen suchen und erwarten die relevantesten, vertrauenswürdigen Informationen über Gesundheit in der Pandemie und darüber hinaus.» Man sei enttäuscht darüber, dass das Landgericht die Einbindung von faktischen und wissenschaftlich fundierten Informationen des Bundesgesundheitsministeriums in die Google-Suche nun untersagt habe. «Wir prüfen die Entscheidung des Gerichts und die uns zur Verfügung stehenden Rechtsmittel.»

Der Burda-Konzern sieht in der Entscheidung der Richter die Pressefreiheit gestärkt. Vorstand Philipp Welte, der auch für netdoktor.de verantwortlich ist, betonte: «Diese Entscheidung des Landgerichts München ist ein erster wichtiger Schritt in einem grundsätzlichen Verfahren, in dem nichts weniger als die Freiheit der Presse verhandelt wird. Indirekt subventioniert das Gesundheitsministerium mit Steuergeldern die Vermarktung des Suchmonopolisten Google, der neben dem staatlichen Medienangebot ungerührt Werbung verkauft.» Auch die Verbände von Zeitschriften- und Zeitungsverlegern begrüßten das Urteil.

Gegen die Gerichtsentscheidung können die Parteien binnen eines Monats nach Urteils-Zustellung Berufung beim Oberlandesgericht München anstrengen. Ob es in dem juristischen Streitfall auch zu einem Hauptverfahren kommen wird, ist jetzt noch nicht bekannt. Verfahren seien derzeit nicht anhängig, hieß es von dem Münchner Gericht.

Burda ist nicht der einzige Medienverlag, der juristische Schritte eingeleitet hat. Der Wort & Bild Verlag aus Baierbrunn hat beim Landgericht Berlin Antrag auf einstweilige Verfügung gegen den Bund gestellt. Das Berliner Gericht teilte auf Nachfrage mit, dass es noch keinen Termin in dem Verfahren gebe. Zum Portfolio des Wort & Bild Verlags zählt zum Beispiel die Marke «Apotheken Umschau».

Mit dem Gesundheitsportal beschäftigen sich derzeit in einem anderen Verfahren auch die Medienregulierer in Deutschland. Die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein stieß Mitte Dezember das interne Verfahren gegen Google an. Es wird dabei geprüft, ob durch die prominente Darstellung des Gesundheitsportals andere journalistisch-redaktionelle Angebote aus dem Themenbereich Gesundheit diskriminiert werden. Härteste Sanktion könnte theoretisch sein, dass Google das Angebot nicht bevorzugt präsentieren darf. Der Konzern hätte dann wiederum die Möglichkeit, gegen die Entscheidung vor Gericht zu ziehen. Der Bund ist nicht Verfahrensgegner.

Von Anna Ringle, dpa